Vorgeburtlich:

Schon im Mutterleib trainiert der Fetus seine Sprechwerkzeuge (Lippen, Zunge, Gaumen, Kehlkopf) durch Lutschen am Daumen und Schlucken von Fruchtwasser.
Ab dem vierten bis fünften Monat nimmt der Fetus Stimmen, Klänge und Geräusche der Außenwelt wahr. Der Rhythmus des Herzschlages seiner Mutter ist die erste akustische "Nahrung". Die Stimme und das Singen der Mutter bewirken beim Fetus deutliche motorische Reaktionen. Musik, bei der sich die Mutter wohlfühlt, wirkt auch auf den Fetus positiv. Dabei speichert der Fetus die mütterliche Stimme, denn kaum ist es auf der Welt, bevorzugt das Neugeborene die Stimme der Mutter und die Sprachmelodie seiner Muttersprache.

Die ersten sechs Monate:

Stimmliche Äußerungen sind die einzige Möglichkeit des Babys, dem Umfeld seine augenblickliche Befindlichkeit mitzutielen.
Im Alter zwischen 6 und 8 Wochen beginnt das Baby Gurrlaute des Wohlbefindens von sich zu geben. Ungefähr zur gleichen Zeit setzt das Lachen ein und es werden immer mehr Laute vokalisiert.
Wichtig ist, dass die Bezugspersonen mit dem Kind möglichst viel sprechen und Blickkontakt aufbauen. Denn auf die gehörten Laute in Kombination mit der charakteristischen Sprachmelodie und dem Sprachrhythmus baut das Baby ab ungefähr der achten bis zwölften Woche die eigene Lautproduktion auf. Es entdeckt im Laufe der nächsten Monate, dass es mit diesen Lauten gezielte Reaktionen hervorrufen kann, z.B. reagiert die Mutter auf die verbalen Äußerungen durch Hinwendung.
Diese erste Lallperiode dient jedoch nicht nur der Kontaktaufnahme, sondern ist gleichzeitig ein Training des Stimmapparates (Atmungsorgane, Kehlkopf, Rachen, Mund- und Nasenhöhle; Muskulatur von Zungen, Wangen, Gaumensegel und Kiefer).

Siebter bis zwölfter Lebensmonat:

Parallel mit der Entwicklung der Motorik (Krabbelphase) verändert sich die Art und Weise der Lautierungen. Das Kind orientiert sich nun mit acht bis neun Monaten auditiv und visuell an den Eindrücken seiner Umwelt und ahmt gezielt die Muttersprache bzw. die Mundbewegungen der Bezugspersonen nach. In dieser Phase beginnt das Kind die Bedeutungen von Wörtern zu verstehen.
Für die Sprachentwicklung gilt: je variantenreicher ein Kind in dieser Phase von seinen Bezugspersonen Anregungen durch rhythmisches Sprechen, Bewegen, Spiellieder, Krabbelreime erfährt, desto differenzierter kann es diese aufnehmen. Es beginnt durch modulierte Stimmspiele im ersten Lebensjahr selbst musikalische Äußerungen auf einer präsprachlichen Ebene zu gestalten und kann dadurch seine Gefühle und Bedürfnisse immer besser ausdrücken.

Das zweite Lebensjahr (12 - 23 Monate):

Im Alter zwischen 12 und 20 Monaten beginnt das Kind, Nomen in Ein- bzw. Zweiwortäußerungen zu Sprechen, denn es hat zwischenzeitlich gelernt, dass es mit bestimmten Lautfolgen etwas anderes erreicht als mit anderen.
Nachdem das Kind sich einen Grund-Lautschatz angeeignet hat, werden neue Laute aus der Muttersprache in das bisherige Lautrepertoire eingefügt. Es entsteht eine kulturabhängige Lautsymbolik und Lautmalerei, mit deren Hilfe die Kinder die Welt versuchen, in Kategorien einzuteilen ("wau-wau" kann zunächst jedes Tier mit 4 Beinen und Fell sein).
Ab 18 Monaten etwa können Kinder bis zu 50 Wörter sprechen und ab diesem Zeitpunkt wächst der aktive Wortschatz (die Wörter, die sie sprechen können) in rasantem Tempo an.
Im Alter von zwei Jahren merken sich Kinder im Durchschnitt alle zwei Stunden ein neues Wort. Jede sprachliche Anregung und jedes Wort wird von den Kindern mit einer Leichtigkeit gespeichert, die sich nur durch einen entsprechenden hirn- und entwicklungspsychologischen Reifungsgrad erklären lässt.

Das dritte Lebensjahr (24-35 Monate):

Aus Zweiwortsätzen entwickelt sich im Laufe des dritten Lebensjahres der Mehrwortsatz, in den Beugungs- und Steigerungsformen und eine altersentsprechende Grammatik integriert wird. Im Laufe des dritten Lebensjahres benennt sich das Kind nicht mehr mit Vornamen, sondern bezeichnet sich als "ich".  Das Kind ist in dieser Zeit immer besser in der Lage, sich auf andere Kinder einzustellen und gewisse spielerische Handlungen gemeinsam mit einem anderen Kind durchzuführen. In gemeinsamen Spielsituationen oder bei Bilderbuchbetrachtungen passiert vieles, was die sprachliche Entwicklung fördert. Durch den sprachlichen Austausch wird der Wortschatz erweitert, durch Wiederholung und Vergleich lernt es immer besser, sich sprachlich entsprechend differenziert auszudrücken. *




















*Inhalt entnommen aus: Sabine Hirler "Sprachförderung durch Rhythmik und Musik"